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Inkasso Griechenland

Inkasso Forderungswesen Griechenland

Forderungswesen und Zwangsvollstreckung in Griechenland

Im Rahmen eines Forderungseinzuges und der Durchführung einer Zwangsvollstreckung in Griechenland ist es besonders wichtig die jeweils effektivste Vorgehensweise zu gewährleisten, und sich hierzu bei fachkundigen Anwälten und sonstigen Fachpersonen zu beraten. Insbesondere ist im Vorfeld eines Vorgehens zu prüfen und unter Breücksichtigung diverser Kriterien (z.B. Kosten, Erfolgsaussichten, Verfahrensdauer, Sinn einer anschliessenden Zwangsvollstreckung etc.) abzuwägen, ob für die Beitreibung im Rahmen eines ordentlichen oder beschleunigten Verfahrens stattfinden soll, bzw. ob aus dem erwirkten Vollstreckungstitel die spätere Zwangsvollstreckung in Griechenland möglichst ohne langwierige Verfahren eingeleitet werden kann.
Insbesondere aber wenn eine Zwangsvollstreckung in Griechenland aus einem ausländischen Titel betrieben werden soll, ist für die Vorgehensweise bei der Einleitung der Zwangsvollstreckung nach der Art des Vollstreckungstitels zu diferrenenzieren. Nachfolgend werden kompakt einige dieser Fallgruppen dargestellt:
A. Gesetzliche Rahmen für die Anerkennung und Vollstreckbarkeit ausländischer Titel in Griechenland:
Gesetzliche Bestimmungen über die Vollstreckbarkeit deutscher Urteile bzw. sonstiger Vollstreckungstitel in Griechenland sind inzwischen europaweit geregelt, und in diversen nachfolgend kurz zu erwähnenden europäischen Verordnungen sowie älteren bilateralen Abkommen zwischen Deutschland und Griechenland wiederzufinden.

a)
Chronologisch aufzuführen sind zunächst
• das bilaterale Abkommen 04. November 1961 (über gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen, Vergleichen und öffentlichen Urkunden in Zivil- und Handelssachen – Bundesgesetzblatt II/1963 S. 109 ff.) sowie
• der “Brüsseler Vertrag” vom 27. September 1968 (Übereinkommen über gerichtliche Zuständigkeit und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen – Bundesgesetzblatt 1972 II S. 773 ff.) zu erwähnen.

b)
Aufgrund des zeitlichen Anwendungsbereiches, der sich hauptsächlich auf ältere Vollstreckungstitel erstreckt, sind die vorgenannten Abkommen in der Praxis selten vorzutreffen.Im sachlichen Geltungsbereich werden die vorgenannten Verordnungen weitgehend durch die nachfolgenden Verordnungen (EG) verdrängt und zwar :

• (EG) VO Nr. 44/2001, in Kraft getreten am 01.03.2002 (Verordnung (EG) des Rates vom 22.12.2000 über gerichtliche Zuständigkeit, Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen)

• VO (EG) Nr. 805/2004 in Kraft getreten am 21. Januar 2005 zur Einführung eines europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen Die Verordnung gilt für sämtliche EU-Mitgliedsstaaten außer Dänemark. Ihr Anwendungsbereich erstreckt sich auf Zivil- und Handelssachen, wohingegen Steuer- und Zollsachen sowie verwaltungsrechtliche Angelegenheiten nicht erfasst werden.

Durch die letztgenannte Verordnung VO (EG) Nr. 805/2004 hat der europäische Gesetzgeber erstmals Regelungen geschaffen, die eine unmittelbare Vollstreckungseinleitung unter bestimmten Voraussetzungen ermöglichen, ohne dass die vorherige Durchführung eines Exequaturverfahrens notwendig wird.
Dadurch wurde eine Effizienz und Unmittelbarkeit bei Vollstreckungsmaßnahmen auch grenzüberschreiteienden im europäischen Bereich geschaffen.

B. Vollstreckbarerklärung in Griechenland (Exequaturverfahren)
Gemäß der VO (EG) Nr. 44/2001 können ausländische vollstreckbare Entscheidungen, vollstreckbare öffentliche Urkunden sowie gerichtlich abgeschlossene Vergleiche in einem Mitgliedstaat vollstreckt werden , wenn sie vorher durch ein Gericht des Mitgliedstaates in dem vollstreckt werden soll ( z.B Griechenland) im Rahmen eines Exequaturverfahrens für vollstreckbar erklärt werden. (bzw. Anerkennungsverfahren vgl. Art. 38 VO).

Der Antrag auf Vollstreckbarerklärung ist zu richten an das am Wohnsitz des Beklagten ärtlich zuständige Gericht. Es besteht Anwaltszwang, so dass ein Rechtsanwalt in Griechenland eingeschaltet werden sollte. Unter anderem ist der vollstreckbar zu erklärende Vollstreckungstitel mit einer Bescheinigung gemäß den Art. 53 und 54 der VO zu versehen, konkret bedarf es :
• beglaubigte Ausfertigung des Vollstreckungstitels nebst Übersetzung
• eine Bescheinigung nach Anhang V der Verordnung der VO (EG) Nr. 44/2001 nebst Übersetzung.

Das griechische Gericht prüft nicht und ist hierzu auch nicht befugt, die Gesetzmäßigkeit nach deutschem Recht, sondern beschränkt sich vielmehr auf die Prüfung der formellen Gegebenheiten wie z.B. die ordnungsgemäße Erteilung der vollstreckbaren Ausfertigungen etc.

Das Gericht kann die Vollstreckbarerklärung unter bestimmten, explizit vorgesehenen Voraussetzungen verweigern; so z.B. wenn eine Anerkennung in Widerspruch zu der öffentlichen Ordnung Griechenlands stehen würde, wenn das Ausgangsgericht die die Zuständigkeitsregelungen gemäß Kapitel II der VO verletzt hat, wenn die Entscheidung nicht mit einer zwischen den selben Parteien bereits in Griechenland ergangenen Entscheidung vereinbar ist oder wenn Zustellungsmängel bestehen und dem Beklagten, der sich nicht auf das Verfahren eingelassen hat, das das Verfahren einleitende Schriftstuck nicht fristgerecht bzw. ordnungsgemäß zugestellt worden ist, dass er sich angemessen verteidigen konnte,

Die Entscheidung über die Anerkennung der Vollstreckbarkeit eines ausländischen Titels in Griechenland ergeht ohne Anhörung des Schuldners und relativ beschleunigt.

Rechtsmittel / Rechtsbehelfe :

Wird die Vollstreckbarerklärung des ausländischen Vollstreckungstitels in Griechenland durch das Entscheidungsgericht abgelehnt, so hat der Antragssteller die Möglichkeit einen Rechtsbehelf beim zuständigen Berufungsgericht einzulegen (Artikel 43 VO).

Wird hingegen dem Antrag stattgegeben und die Zustellung eingeleitet, kann der in Griechenland wohnende Schuldner innerhalb eines Monats Rechtsmittel gegen die Zwangsvollstreckung einlegen. Die Zwangsvollstreckung bleibt einstweilen zu Sicherungszwecken beschränkt, solange die Entscheidung über die eingelegte Rechtsbehelfe noch aussteht

C. Europäischer Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen
Wie bereits weiter oben erwähnt, wurde inzwischen durch die VO (EG) 805/2004 die Möglichkeit geschaffen, unmittelbar die Zwangsvollstreckung aus einem ausländischen Vollstreckungstitel einzuleiten. sofern dieser zuvor durch das Ausgangsgericht als europäischer Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen im Sinne der VO EG 805/2004 bestätigt worden ist.
Die einzelnen Voraussetzungen für die Anwendbarkeit der Verordnung und die Erteilung einer solchen Bestätigung sind in den Bestimmungen der VO (EG) 805/2004 näher geregelt.
Es kann aber als wesentliches Merkmal festgehalten werden, dass die zu vollstreckende Entscheidungen, gerichtliche Vergleiche und öffentliche Urkunden unbestrittene Forderungen zum Gegenstand haben müssen. Art. 3 der VO (EG) 805/2004.
Eine Forderung gilt als „unbestritten“ im Sinne des Art. 3 Abs. 1 der VO (EG) 805/2004 wenn :
„der Schuldner ihr im gerichtlichen Verfahren ausdrücklich durch Anerkenntnis oder durch einen von einem Gericht gebilligten oder vor einem Gericht im Laufe eines Verfahrens geschlossenen Vergleich zugestimmt hat (z.B. Anerkenntnisurteil) oder
der Schuldner ihr im gerichtlichen Verfahren zu keiner Zeit nach den maßgeblichen Verfahrensvorschriften des Rechts des Ursprungsmitgliedstaats widersprochen hat (z.B. Vollstreckungsbescheid) oder
der Schuldner zu einer Gerichtsverhandlung über die Forderung nicht erschienen oder dabei nicht vertreten worden ist, nachdem er zuvor im gerichtlichen Verfahren der Forderung widersprochen hatte, sofern ein solches Verhalten nach dem Recht des Ursprungsmitgliedstaats als stillschweigendes Zugeständnis der Forderung oder des vom Gläubiger behaupteten Sachverhalts anzusehen ist (z.B. Versäumnisurteil) oder,
der Schuldner die Forderung ausdrücklich in einer öffentlichen Urkunde anerkannt hat.“

Sofern die in der Verordnung geregelten Voraussetzungen vorliegen, erteilt das Ausgangsgericht die besagte Bestätigung in Form eines speziell hierfür vorgesehenen Formblattes, welcher Bestandteil des Vollstreckungstitels wird, und im Rahmen der Zwangsvollstreckung in Griechenland dem Schuldner ebenfalls zugestellt werden muss.
D. Praxistipp – Zwangsvollstreckung in Griechenland
Es erweist sich als sinnvoll, bereits im Vorfeld einer Zwangsvollstreckung fachkundige Beratung durch einen Rechtsanwalt in Griechenland heranzuziehen, der sowohl hinsichtlich der Notwendigkeit zur vorherigen Durchführung eines Anerkennungsverfahrens aber auch im Hinblick auf die Vermögenssituation des Vollstreckungsschuldners eine Beurteilung vornehmen könnte (z.B. durch Grundbuchrecherchen, Wirtschaftlichkeitsauskünfte, Prüfung des Gesellschaftsstatus etc.)