Kommt es zu einem Erbfall mit internationalem Bezug, werden die potentiellen Erben und Angehörigen zunächst mit komplizierten Nachlassfragen konfrontiert. Wic
htig ist dabei insbesondere die Frage nach dem anwendbaren Erbrecht, da sich danach alle weiteren verfahrensrechtlichen Fragen zur Abwicklung der Erbangelegenheiten richten.
Nachfolgend soll ein grober Überblick über die wichtigsten Bestimmungen des in Griechenland geltenden Erbrechtes übermittelt werden:
Die Rechtsnachfolge von Todes wegen, richtet sich gemäß Art. 25 Abs. 1 EGBGB (Einführungsgesetz zum BGB bzw. Art. 28 des griechischen Zivilgesetzbuches (ZGB) nach dem Recht des Staates, dem der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes angehörte. Die Möglichkeit einer Rechtswahl in Form einer Verfügung von Todes wegen erfolgen (z.B. durch privatschriftliches Testament) wird, anders als dies in Deutschland der Fall ist, nach griechischem Recht nicht vorgesehen.
Gemäß aktueller Gesetzeslage in Griechenland sowie in Deutschland (Art. 28 ZGB wie auch Art. 25 EGBGB) wird auf die Staatsangehörigkeit des Erblassers im Zeitpunkt des Todes abgestellt. War der Erblasser griechischer Staatsangehöriger richten sich erbrechtlichen Beziehungen demnach grundsätzlich nach griechischem Erbrecht. (Ausschlagungsfrist, Erbschaftserwerbsarten, Erbfähigkeit, etc.)
Einige Ausnahmen vom Prinzip der Staatsangehörigkeit im griechischen Recht bestehen u.a. hinsichtlich des gesetzlichen Pflichtteils und der Form letztwilliger Verfügungen.
Sofern ein griechischer Staatsbürger über mindestens 25 Jahre aufeinanderfolgend vor seinem Tod seinen ständigen Wohnsitz im Ausland hatte, unterliegt die Erbfolge nicht den Beschränkungen der griechischen Vorschriften über die Pflichtteilsrechte.
Ferner wird bezüglich der Formgültigkeit letztwilliger Verfügungen auf das Haager Testamentsübereinkommen vom 5.10.1961 abgestellt. Art. 11 ZGB regelt, dass sich die Frage nach der Formgültigkeit des Testamentes sich entweder nach dem Recht richtet, das sich dem Inhalt des Testamentes entspricht, bzw. dem Ort, an dem es errichtet wurde, oder dem Heimatrecht aller Beteiligten.
Gemäß der europäischen Erbrechtsverordnung (Verordnung EU 650/2012) , die ab dem 17. August 2015 Geltung findet unterliegt die gesamte Rechtsnachfolge von Todes wegen dem Recht des Staates, in dem der Erblasser zum Zeitpunkt seines Todes seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt hatte. (Art. 21 EU-ErbVO).
Die zur gesetzlichen Erbfolge berechtigten Angehörigen werden im griechischen Zivilgesetzbuch (ZGB) in verschiedenen Rangordnungen klassifiziert die nachfolgend kompakt aufgeführt werden:
gem. Art. 1813 ZGB werden als Erben erster Ordnung die Abkömmlinge des Erblassers berufen. Sofern nicht auch zum Zeitpunkt des Erbfalles ein Ehegatte des Erblassers existiert, der daneben zu ¼ erbt, erben die Abkömmlinge allein.
Auch innerhalb dieser Ordnung wird die Erbfolge weiter nach Graden (Stämmen)
Gemäß 1813 § 3 ZGB Kinder erben zu gleichen Teilen.
Zu den Erben zweiter Ordnung fallen gemäß Art. 1814 ZGB die Eltern des Erblassers, seine Geschwister die zu gleichen Teilen erben, sowie die Kinder und Enkelkinder der vorverstorbenen Geschwister. Letztgenannte erben nach Stämmen, die Kinder des vorverstorbenen Geschwisterteils dessen Enkelkinder ausschließen (Art. 1814 S.3 ZGB)
gemäß Art. 1816 ZGB werden in der dritten Erbordnung die Großmütter und Großväter des Erblassers sowie deren Kinder und Enkelkinder zu Erben berufen.
In der vierten Ordnung sind gemäß Art. 1817 ZGB die Urgroßväter und Urgroßmütter des Erblassers berufen die nebeneinander zu gleichen Teilen erben.
Der Erbteil des Ehegatten wird nicht durch vorgenannte Erbordnungen bestimmt, da dieser mit dem Erblasser nicht verwandt ist . Gemäß Art. 1820 S.1 ZGB ist der Ehegatte als gesetzlicher Erbe berufen, und erbt neben den Verwandten der ersten Ordnung zu ¼ unabhängig von der Anzahl der Kinder.
Der Erbanteil des Ehegatten erhöht sich jedoch auf ½ sofern er neben den Verwandten der zweiten, dritten und vierten Ordnung als Erbe berufen wird.
Sofern keine Erben der vorgenmannten Ordnungen vorhanden sind, wird der Ehegatte gem. Art. 1821 ZGB zum Alleinerben fünfter Ordnung berufen.
Der Fiskus wird schliesslich zum Alleinerbe sechster Ordnung berufen, sofern zum Zeitpunkt des Erbfalles weder ein gesetzlich zum Erben berufener Verwandter gemäß den vorgenannten Ordnungen (I-IV) noch ein Ehegatte besteht.
Gemäß Art. 1847 ZGB steht den Erben das Recht zu die Erbschaft binnen einer gesetzlichen Frist auszuschlagen. Verstreicht diese Frist, ohne dass die Erben von der Ausschlagungsmöglichkeit Gebrauch machen, so gilt die Erbschaft als automatisch angetreten Art 1710 ZGB .
Eine Ausnahme bildet der Fiskus, welcher gemäß Art. 1848 § 2 ZGB das Erbe nicht ausschlagen kann.
Die Erbschaftsausschlagung ist eine einseitige, formbedürftige, unwiderrufliche, bedingungs- und befristungsfeindliche Willenserklärung worin vorläufige Erbe erklärt, dass er das Erbe nicht antreten möchte.
Die Erbschaftsausschlagungserklärung ist grundsätzlich persönlich abzugeben und gemäß Art. 1848 § 1 ZGB vor dem Sekretär des Nachlassgerichtes zu erklären. Sie kann ausnahmsweise auch durch einen Bevollmächtigten Dritten erfolgen, sofern dieser mit einer notariell beurkundeten Spezialvollmacht hierzu ermächtigt wurde. Die notarielle Spezialvollmacht ist dem Sekretär ebenfalls vorzulegen.
Gemäß Art. 1847 ZGB muss die Erbschaftsausschlagungsfrist innerhalb einer Frist von vier Monaten ab Kenntnis des Erbfalls und ab Kenntnis vom Grund der Erbenstellung erklärt werden. Ausnahmsweise kann diese Frist gemäß Art. 1847 § 2 ZGB ein Jahr betragen, und zwar wenn der Erblasser seinen letzten Wohnsitz im Ausland hatte, oder der Erbe von dem Erbfall erfuhr, während er sich im Ausland aufhielt. Im Letztgenannten Fall beginnt die Frist ab dem Zeitpunkt der tatsächlichen Kenntniserlangung des Erben von dem Erbfall. Im Falle einer testamentarischen Erbfolge wird die Ausschlagunsgfrist gemäß Art. 1847 § 1 ZGB mit der Eröffnung des Testaments in Gang gesetzt. Die Frist beginnt aber nicht zu laufen solange der Erbe hinsichtlich der Eigenschaft des Nachlasses oder des Grundes seiner Berufung zum Erben irrt.
Sonderfälle:Ist der Erbe geschäftsunfähig wird für die Berechnung der Ausschlagungsfrist auf die Kenntnis in der Person des gesetzlichen Vertreters abgestellt.
Bei Minderjährigen Erben können die Eltern oder der Vormund gemäß Art. 1625, 1526 ZGB die Ausschlagung erklären nachdem sie aber erst ein Gutachten des Kontrollausschusses und einer Genehmigung des Familiengerichts eingeholt haben.
Im Fall des Versterbens des Erben binnen der laufenden Ausschlagungsfrist, endet diese nicht vor dem Ablauf der für die Erbschaft des (verstorbenen) Erben geltenden Ausschlagungsfrist (Art. 1855 § 1 ZGB).
Gemäß den Regelungen des Art. 1850 und 1851 ZGB ist die Ausschlagungserkärung nichtig :
Wenn sie nach Fristablauf erklärt wird. In diesem Fall gilt die Erbschaft als angenommen.
Wenn sie vor dem Tod des Erblassers ( Erbfall) abgegeben wird
Wenn ein Teil der Erbschaft bzw. des Erbanteils ausgeschlagen wird (keine teilweise Ausschlagung zulässig)
Wenn die Erbschaftsannahme bereits vor Abgabe der Ausschlagungserklärung ausdrücklich oder stillschweigend angenommen worden ist (Art. 1849 ZGB).
Anfechtbar ist die Ausschlagungserklärung gemäß Art. 1857 § 2 ZGB, sofern sie infolge Drohung oder arglistiger Täuschung abgegeben wurde, bzw. wenn sie auf einem Irrtum beruht . Eine Klage auf Anfechtung der Ausschlagung kann in diesem Fall binnen sechs Monate erhoben werden ( Art. 1857 § 2 ZGB).
Gemäß Artikel 1856 ZGB ist im Falle einer Ausschlagung der Erbschaft nach griechischem Recht der Erbanfall als nicht erfolgt zu betrachten. Der Ausschlagende wird so behandelt als sei er niemals Erbe gewesen. Infolgedessen fällt die Erbschaft bei demjenigen an, der zum Erben berufen wäre, wenn der Ausschlagende im Zeitpunkt des Erbanfalls nicht gelebt hätte. Zu beachten ist, dass auch hierbei zwischen gesetzlicher und testamentarischer Erbfolge unterschieden wird.